Kategorie: Bericht

„Wie im Himmel“

Innenraum der Petruskirche

Am Johannistag (24. Juni) fand in der Petruskirche auf dem Felsen über der Saale die „7. Nacht der spirituellen Lieder“ statt. Weil man so ein Event eigentlich nicht beschreiben kann, hier ein paar Bildeindrücke.

Der Herzlicht-Singkreis, eine offene Vereinigung von Menschen, die gern spirituelle Gesänge singen, lud unter der Leitung von Uta Lesch zum Mitsingen ein. Im Wechselgesang, manchmal auch im Kanon, sangen wir Lieder auf deutsch, englisch und französisch (v. a. Taizé-Gesänge), aber auch auf hebräisch, arabisch, indisch, Suaheli und in der Irokesen-Sprache. Von ruhig-meditativ bis lebhaft und bewegt reichte die Liederpalette, teilweise mit viel Trommelunterstützung. „Die Hausmusik“ unter Ulf Zschille sang und spielte für uns u. a. ein jiddisches Lied und mit „MissKlang“ wurde eingeladen zum Tönen im Kreis – „wie im Himmel“, wenn Ihr euch an den Film oder das Theaterstück erinnert.

Die Texte konnten wir alle mit nach Hause nehmen, nur schade, dass die Melodien nicht im Gedächtnis hängenbleiben. Das gemeinsame Singen, das sich an Gott, wie immer wir ihn / sie ansprechen, richtet, verändert uns Singende, unsere Herzen und Seelen und schafft Gemeinschaft. Nicht Gott braucht uns, wir brauchen ihn / sie. So konnten wir gemeinsam singen “ Möge Heilung geschehn.“ Das wünsche ich Euch und uns allen.

Frauenwallfahrt zum Kloster Helfta

„Brücken schütten Gräben nicht zu, ebnen Unterschiede nicht ein, schaffen Hindernisse nicht weg, erkennen Trennendes an und ermöglichen dennoch Begegnung“ (Peter Ganzert)

Hier mein Pilgerbericht (obwohl ich erst am Abend dazukam):

Am Freitag, dem 9. Juni, machten sich 12 Frauen aus Halle zu Fuß auf den Weg zum Kloster Helfta (Eisleben). Dort fand am 10. Juni die 23. Frauenwallfahrt des Bistums Magdeburg statt, organisiert von den Halleschen Frauen der KFD (Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands). Im Jahr des Reformationsgedenkens lautete das Thema der Wallfahrt „Wenn Frauen sich trauen, Brücken zu bauen“. Der Weg führte die Frauen in kleine Kirchen am Weg, in denen jeweils eine Pilgerandacht gehalten wurde, zu einer Farbe des Regenbogens. Der Regenbogen als Brücke zwischen Gott und den Menschen: „Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Bundeszeichen sein zwischen mir und der Erde“ sagte Gott zu Noah (1 Mose 9, 13). Die letzte Station bildete das „Lebendige Labyrinth“ in der weitläufigen Klosteranlage in Helfta. In Anlehnung an das Labyrinth der Kathedrale von Chartres wurde hier ein Gartenlabyrinth aus verschiedenen Heil- und Heckenpflanzen angelegt und liebevoll gepflegt. Die Mitte bildet ein Pavillon aus Buchenblättern. Jetzt im Juni stehen die Pflanzen in voller Blüte, man wird durch Duft und das Summen von Bienen und Hummeln eingehüllt.  

Am Folgetag trafen etwa 400 Frauen und einige Männer nicht nur aus Sachsen-Anhalt, sondern u. a. aus dem Eichsfeld, Berlin und München zu Wallfahrt ein. Den Gottesdienst hielt Probst Hentschel aus Halle, der als einziger Mann zwischen den Frauen am Altar stand. In den Texten hörten wir ausnahmslos von starken Frauen aus der Bibel: von Rut und Naomi (Rut 1, 7 – 19) sowie der Syrophönizierin, die Jesus um Hilfe für ihre kranke Tochter bat (Mk 7, 24 – 30). Am Ende des Gottesdienstes wurde die neue geistlich-theologische Leiterin der KFD vorgestellt und begrüßt, Frau Rebekka Gewandt. Als Geschenk erhielt sie – wie kann es anders sein – eine Bibel in gerechter Sprache.

Im anschließenden Zwischenprogramm lernten wir im Reformationsjahr die Nürnberger Äbtissin Caritas Pirckheimer (1467 – 1532) kennen, die als erste Brückenbauerin der Ökumene gilt. Kein Geringerer als Philipp Melanchthon sollte sie überzeugen, zu den Reformatoren überzutreten. Die kluge und hochgebildete Frau stimmte der Reformation in vielen Punkten zu, wollte aber ihrengewählten Lebensweg nicht verlassen. Sie argumentierte mit Luthers Argumenten: Freiheit des Gewissens und der Absage an Zwang und Gewalt. Mit Melanchthons Erlaubnis durfte sie ihr Kloster im protestantischen Nürnberg weiterführen und wurde damit eine Botschafterin für Toleranz und Glaubensfreiheit.

Um Brückenbauen und Frauenpower ging es auch bei den weiteren thematischen Angeboten des Tages: eine Brücke zwischen Wallfahrt und Alltag durch kreatives Gestalten eines Steines oder eine Brücke zum Fremden: durch den Besuch der Frauen aus dem Flüchtlings-Frauenhaus in Halle (unter ihnen Adile, die bei unserem letzten Picknick dabei war). Für diese wurden Spenden gesammelt, zur Anschaffung von Fahrrädern. Kleiner Wermutstropfen: es gab zum Mittagessen Nudeln mit Wurstgulasch. Die Klosterküche hatte nicht daran gedacht, für die muslimischen Frauen ein Essen ohne Schweinefleisch zuzubereiten (auch nicht für Vegetarierinnen). Die „Brücke zu den Konfessionen und Religionen“ wurde durch zwei Ausstellungen im Kloster geschlagen: „Reformationsgedenken im Kloster Helfta“ und „Welt-Frieden – Welt-Ethos“. Beide Ausstellungen sind noch längere Zeit zu besichtigen.

Für alle, die es noch nicht kennen: Das Kloster Helfta, direkt an der B80 gelegen, gehört zu den herausragenden Stätten auf der Straße der Romanik. Nach seiner Gründung im Jahr 1229 entwickelte es sich zu einem Zentrum der Mystik, die berühmten Mystikerinnen Mechthild von Magdeburg, Mechthild von Hakeborn und Gertrud die Große lebten hier. In einer Zeit, in der Frauen zunehmend die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verwehrt wurde (zu den neugegründeten Universitäten hatten Frauen keinen Zugang), griffen diese gebildeten und selbstbestimmten Frauen mit ihren Schriften in die gesellschaftliche Diskussion ihrer Zeit ein. Während der Reformation und des Bauernkrieges begann der Niedergang des Klosters. Die Gebäude gingen durch die Hände verschiedener Besitzer und wurden hauptsächlich für landwirtschaftliche Zwecke genutzt, zuletzt in der DDR als LPG. Nach der Wende wurde das Kloster mit Spendengeldern vom Bistum Magdeburg zurückgekauft und seit 1998 Schritt für Schritt restauriert. Noch heute warten einige Gebäude auf ihre Sanierung. Seit Sommer 1999 leben wieder Ordensschwestern in Helfta (Zisterzienserinnen). Heute lädt das Kloster als Ort der Stille und Besinnung nicht nur Christen zum Verweilen ein. Auch bei Besuchern der Stadt Eisleben sind das Hotel und Tagungshaus beliebt, nicht zuletzt wegen der weitläufigen Gartenanlage mit dem „Lebendigen Labyrinth“. Wir sollten einmal zu einem gemeinsamen Besuch dorthin fahren.

Noch eine kleine Geschichte zum Schluss: Während der Flüchtlingskrise nahmen die Schwestern in Helfta mehrere Flüchtlingsfamilien in ihren Häusern auf, das Hotel wurde zeitweilig geschlossen. Die Familien sagten: „Wir freuen uns immer, wenn bei Ihnen die Glocken läuten. Dann wissen wir, dass Sie jetzt zum Beten gehen und wenden uns auch zum Gebet gen Mekka.“ Glockenläuten als interreligiöse Einladung zum Gebet – ein schöner Gedanke.


 

 

 

 

Kirchentag auf dem Weg in Halle

Beam me up, Scotty

Was assoziiert ein anglikanischer Bischof mit „Himmelfahrt“? Dass sein kleiner Sohn fälschlicherweise immer „beat me up…“ gesagt hat? Oder ist die Geschichte des Jesus von Nazareth für seine Freunde eine mit falschem Ende, so als würde am Ende Rotkäppchen von der Großmutter gefressen? Solche und ähnliche Fragen wurden in der sehr kurzweiligen Predigt von Bischof Nick Baines aus Leeds (GB), Fan des FC Liverpool, gestellt. Sein Fazit: Himmel und Erde sind 2 Dimensionen derselben Realität. „Himmel“ kommt auf die Erde und Kirche soll „zuversichtliche Christen“ wachsen lassen, die die Zuversicht in der Welt und in der Gesellschaft stärken: durch „loving, living and learning“.

Zum 500jährigen Reformationsgedenken fand am 25. Mai der erste ökumenische Himmelfahrtsgottesdienst in Halle statt, an dem unzählige Menschen verschiedener Konfessionen und Kulturen teilnahmen. Zur Eröffnung las OB Bernd Wiegand ein Kapitel aus der Bibel: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde“ (Offenbarung 21). Bei der anschließenden Nacht „Kultur in den Höfen“ begegneten wir u. a. den „Frauen der Reformation“ in Hof des Stadtmuseums und den Musikern der „arabischen Oase“ auf dem Uniplatz.

Wallfahrt nach Mekka. Eine Reise ins Zentrum des Islam

„Gott ist schön und liebt das Schöne“

Vorhang und Schmuck der Kaaba

 Vom 5. Mai bis 31. Oktober 2017 ist im Stadtmuseum in Halle Gr. Märkerstr. 10, eine wunderschöne Ausstellung über die Wallfahrt nach Mekka zu sehen. Gefördert wurde die Ausstellung über das Internationale Islamische Stiftungswerk – Bildung und Kultur (IISW) unter ihrem Präsidenten Nadeen Elyas. Der gebürtige Mekkaner, der seit vielen Jahrzehnten in Deutschland lebt, hat von unzähligen Reisen eine Unmenge schöner und seltener Exponate mitgebracht, die teilweise in dieser Vollständigkeit noch nie außerhalb Mekkas gezeigt wurden. Sie repräsentieren seine „Sehnsucht nach Mekka“, wie er die Ausstellung gern genannt hätte.

Mit der Ausstellung bietet sich für die meisten Besucher ein Einblick in eine Welt, die er / sie nie selbst besuchen kann. Denn Mekka, die heilige Stadt des Islam, steht bis heute nur muslimischen Pilgern offen und ist für Touristen verschlossen. Umso bedeutsamer sind die Exponate, die man hier betrachten kann: Vorhang (Kiswa) und Schmuck (Banderole und Kandeln) der Kaaba, des zentralen Heiligtums des Islam. Diese werden jährlich erneuert und dann weitergegeben, vorrangig an das saudische Königshaus. Die jetzt in Halle ausgestellten, mit goldgestickter Kalligrafie geschmückten Tücher aus schwarzer Seide bedeckten die Kaaba im Jahr 2013, bevor sie in den Besitz des Stiftungswerks gelangten. Diese Kunstwerke arabischer Kalligrafie sollen die „Schönheit des Wortes Gottes“ zeigen. Sie zu bewundern lohnt allein schon den Besuch im Halleschen Stadtmuseum. Ausgehend von den Pilgerreisen im Judentum, Christentum und Islam wird die Wallfahrt nach Mekka als „Höhepunkt des islamischen Lebens“ dargestellt. Die Intention dabei ist nach Aussage des

Frau Jane Unger bei der Eröffnung

Kurators Felix Bachmann, die Besucher auf eine „kleine Wallfahrt“ mitzunehmen. Thematisiert werden Kleidung, Nahrung, Transportmittel, Reiserouten und auch Krankheiten der Pilger. Durch viele zum Teil noch nie gezeigte Fotografien liegt der Fokus auf dem 19. Jahrhundert, aber auch die Moderne kommt nicht zu kurz. Der Weg der Ausstellung führt den Betrachter bis zur Kaaba, repräsentiert durch den bereits beschriebenenSchmuck. Eine Station auf dem Weg ist Aleppo, das schon im 18./19. Jahrhundert von Halle aus bereist wurde und heute eine zerstörte Stadt ist.

Die Direktorin des Stadtmuseums, Frau Jane Unger, stellte die Ausstellung in den Kontext der Aufklärung in Halle. Christian Wolff, in dessen Haus sich heute das Stadtmuseum befindet, und Christian Thomasius (beide 17. Jhd.) schufen die Grundlagen für die spätere Islam- und Orientalistikforschung an der Halleschen Universität. Im Sinne der Aufklärung bildet die Religionsfreiheit eine Säule unserer Demokratie, was das Recht auf freie Religionsausübung wie auch das Recht, keiner Religion anzugehören, gleichermaßen einschließt. Aufgabe der Ausstellung ist deshalb die Förderung des interkulturellen Dialogs und der Toleranz. Die Grundlage hierfür bildet die Vermittlung von Wissen und Kenntnissen über fremde Kulturen, in diesem Fall über den Islam. Frau Unger möchte die „Beschäftigung mit dem Islam zu einer intellektuellen Sternstunde“ werden lassen. Diesem Anliegen dient auch das umfangreiche Begleitprogramm mit Vorträgen, Führungen und Filmvorführungen sowie Angeboten für Schulklassen. Das Stadtmuseum Halle in der Großen Märkerstr. 10 ist von dienstags bis sonntags 10 bis 17 Uhr geöffnet, die Ausstellung ist durchgängig auf deutsch und arabisch gehalten.

Einige Frauen vom Interreligiösen Dialog nahmen an der Eröffnung der Ausstellung teil und planen für alle Interessierten einen gemeinsamen Besuch mit kompetenter Führung durch die muslimischen Frauen, am besten zusammen mit der zeitgleich gezeigten Ausstellung „Frauen der Reformation“. Der Termin (wahrscheinlich nach der Sommerpause) wird rechtzeitig bekanntgegeben.